Wissenswertes über Russlanddeutsche

Wer sind die „Russlanddeutschen“?

„Russlanddeutsche" sind Nachfahren von Siedler:innen aus dem deutschsprachigen Mitteleuropa, die sich seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in verschiedenen Regionen des russischen Zarenreiches niedergelassen hatten. Die meisten Russlanddeutschen (über drei Millionen) leben heute in Deutschland.


Kommen alle Russlanddeutschen aus Russland?

Nein, die meisten Russlanddeutschen, die heute in Deutschland leben, stammen aus Kasachstan. „Russland“ in „Russlanddeutsche“ bezieht sich auf das zaristische Russland, in das di Vorfahren der Russlanddeutschen ausgewandert waren. Russlanddeutsche ist eine Sammelbezeichnung, die es seit Beginn des 20. Jahrhunderts gibt. Zuvor standen die konfessionellen und regionalen Unterschiede zwischen den evangelischen, katholischen und bspw. mennonitischen Kolonist:innen an der Wolga, am Schwarzen Meer, in der Westukraine, im Südkaukasus und in anderen Regionen des Russischen Reiches im Vordergrund. Man sprach von „Wolgadeutschen“, „Kaukasusdeutschen“ oder etwa „Wolhyniendeutschen“.


Warum wurden Russlanddeutsche vor 1941 aus ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten deportiert?

Seit Ende des 19. Jahrhunderts wuchs eine deutschfeindliche Stimmung im zaristischen Russland. Auf staatlicher Ebene griffen erste diskriminierende Maßnahmen im wirtschaftlichen und sprachlich-kulturellen Bereich gegenüber den deutschen Siedler:innen. Während des Ersten Weltkriegs wurden Teile der Deutschen wie bspw. die Wolhyniendeutschen aus der Westukraine ostwärts deportiert. Man sah sie als „innere Feinde“, obwohl Zehntausende Schwarzmeer-, Wolhynien- oder Wolgadeutsche als russische Soldaten an der Front gegen Deutschland und seine Verbündeten kämpften.


Warum wurden Russlanddeutsche 1941 aus ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten deportiert?

Unter Stalins Diktatur (1924-1953) in der Sowjetunion wurden in politisch-ethnisch motivierten „Säuberungs“-Aktionen allein 1937 und 1938 aufgrund des Befehls „Deutsche Operation“ mindestens 52.000 Russlanddeutsche verurteilt und erschossen. Nach dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion im Juni 1941 ließ Stalin bis Ende 1941 rund 900.000 Russlanddeutsche nach Zentralasien und Sibirien deportieren. Sie unterstanden dem Generalverdacht der Kollaboration mit Hitlerdeutschland. Mindestens 150.000 Russlanddeutsche starben allein durch die Deportation und Zwangsarbeit in der „Trudarmee“, genaue Zahlen sind unbekannt. Der 28. August gilt als Erinnerungs- und Trauertag an die Deportation der Russlanddeutschen, ab diesem Tag trat der Erlass über die Deportation der Wolgadeutschen in Kraft.


Wie haben Russlanddeutsche in der Deportation gelebt?

Die enteigneten und entrechteten Deutschen wurden in den Verbannungsgebieten bis 1956 unter Sonderkommandantur (z. B. ohne Recht auf Freizügigkeit) gestellt und mussten Zwangsarbeit leisten. 1964 wurden die Russlanddeutschen in der Sowjetunion teilweise rehabilitiert. Sie durften aber bis 1972 nicht in ihre ursprünglichen Siedlungsgebiete zurückkehren und wurden bis in die 1980er Jahre strukturell (z. B. beim Zugang zur höheren Bildung) und im Alltag diskriminiert.


Wo leben Russlanddeutsche heute?

Seit den 1950er Jahren, vor allem aber seit Zerfall der Sowjetunion in den 1990er Jahren, sind ca. 4,5 Millionen Menschen deutscher Abstammung und ihre Angehörigen als (Spät-)Aussiedler:innen nach Deutschland eingewandert. Etwa 3 Millionen Russlanddeutsche leben heute als (Spät)-Aussiedler:innen in Deutschland. Juristisch gelten sie als „Nachzügler“ der Vertreibungen in Folge des 2. Weltkriegs und haben deshalb Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen wie Deutschkenntnisse und eine deutsche Abstammung.

Heute leben ca. 400.000 Russlanddeutsche in Russland und ca. 180.000 in Kasachstan. Rund 2 Million Russlanddeutsche leben heute in Kanada, den USA und in Ländern Südamerikas. Das sind oft Nachfahren von russlanddeutschen Kolonist:innen, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts aus dem zaristischen Russland ausgewandert waren.

Quelle: https://www.bundestag.de/resource/blob/887844/59aafe076253330e4bd436db354e2779/WD-2-008-22-pdf-data.pdf

Wie ich die Welt und das Leben verstehe